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Der Flutschfinger  – Spielbericht Kangoos Herren vs. Spvgg Möhringen

Am Sonntag war es wieder so weit: Game Time in der Aichwalder Sporthalle. Allerdings unter denkbar schlechten Vorzeichen: Valentin Hubertus dienstlich verhindert, Dominik von Benthen immer noch auf fremden Kontinenten unterwegs, Niklas Sticher mit gebrochenem Mittelhandknochen zuhause. Moritz Gramm auf allerhöchstem Niveau abgeordert zu (nahezu) ehelichen Pflichten. Tobias Maier noch immer gehbehindert (am Fuß, für den hochgereckten Arm beim Tobias Maier Gedächtnismove reicht’s noch). Auch Lukas Oesterle fehlt. Und so stehen von den eigentlichen Top-Playern, die für die Spiele bereit stehen, nur noch Coach Markus Freitag, Käpt’n Knut Ettling, Brian Nisalke, Pferdelunge Fabian Schirrmeister, „Football“ Niko Haug, Timo Walke(r) (der „Texas Ranger“), Arif „Schleudergang“ Arifi und Nils Hirschberger (der braucht nen Namen, das geht so nicht) im Aufgebot. Ergänzt wurde das Paket dann um Rüdiger Brändle und Andreas Bühner, die beiden Alt-Center. Immerhin 10 Mann, und für ein „Not-Aufgebot“ dann doch recht ansehnlich. Letzte Saison wäre das noch relativer Standard in der Kreisliga A gewesen. Aber halt nicht das, was man sonst aufs Feld bringen kann. 

Der Gegner, Möhringen, hatte uns im Hinspiel lange Probleme gemacht, da dies eine der wenigen Mannschaften war, die am Korb mit ähnlich großen Leuten unterwegs ist. In der Möhringer Halle (die recht klein ist) konnte unser Gegener mit langsamen, kraftvollen Spiel lange gut dagegen halten, bis Aichwald endlich davon ziehen konnte. Vorsicht war also angesagt. Allerdings: als die Möhringer in die Halle kamen, war das bei weitem nicht die Mannschaft des Hinspiels. Insbesondere der Großteil der „Big Men“ fehlte, vom Rest waren einige jüngere Gesichter dabei, die man im Hinspiel zumindest nicht aktiv wahrgenommen hat. Außerdem traten sie gerade einmal zu sechst auf, also kein großes Wechsel-Kontingent.  

In den ersten Minuten war damit abwarten angesagt, um zu sehen, wie der Gegner spielt und sich darauf einzugrooven. Gleich beim Sprungball dann eine symptomatische Szene: Aichwald gewinnt den Jump, aber spielt den Ball dem einzigen Möhringer in die Hände, der in der Aichwalder Hälfte lauert. Oder übersetzt: alles richtig gemacht, aber dennoch schief gegangen. Das sollte ab jetzt beinahe ein Mantra der Aichwalder Offense werden. Denn obwohl man vieles richtig machte, auch die Bewegungen und Laufwege trotz der ungewohnten Mannschaftszusammensetzung relativ gut funktionierten, konnte man keinen adäquaten Vorsprung herausholen. So lag man zwar Ende des ersten Viertels mit 16:9 vorne, ging aber nur mit 16:13 in die Viertelpause, weil man sich zwei schnelle Körbe einfing, die nicht nötig gewesen wären. Hätte man hier schon für klare Verhältnisse gesorgt, vielleicht wäre das Spiel deutlicher geworden. 

Das zweite Viertel begann, und es wurde grausam. Auf beiden Seiten eine hohe Zahl an Fehlpässen, viele unnötige Turnover. Auf Seiten der Kangoos war die gute Nachricht: es fehlten immer nur Millimeter oder Prozentpünktchen. Gut gelaufene Angriffe gingen in letzter Konsequenz ins Aus, weil ein scharfer Pass nicht festgehalten werden konnte, wären diese angekommen, es hätte fast immer zu sehr guten Möglichkeiten geführt. In anderen Spielen hält man sowas auch mal fest, aber hier und heute war das Flutschfingersyndrom einfach zu stark. Ausnahmen hiervon vielleicht Nico Haug und Markus Freitag (wenn er auf dem Feld war), oder auch Käpt’n Knut Ettling, der die Aichwalder mit Präsenz unter dem Korb regelmäßig rettete und zweite oder dritte Chancen holte. Aber auch aus denen haben die Kangoos nicht viel gemacht. Gut nur, dass bei Möhringen ähnlich viel zusammen lief, allerdings hier insbesondere auf die starke Defense der Kangoos zurück zu führen. Ein ums andere Mal mussten Abschlüsse hastig geführt werden, was in der Regel zu Rebound der Aichwalder führte. In einem spannenden, aber beidseitig qualitativ eher wenig überzeugendem zweiten Abschnitt konnte sich der ASV daher, vor allem aufgrund der Schwächephase der Möhringer, mit 31:22 absetzen.  

Entsprechend die Halbzeitansprache: alle sollten einmal in sich gehen, um die letzte Genauigkeit wieder zu finden. Es war ja nicht so, dass der ASV generell schlecht spielte, aber gefühlte 10 Turnover in einem Viertel nur aufgrund des Flutschfingersyndroms, das war zu viel. Im ersten Moment des dritten Viertels muss das gewirkt haben. Man konnte sich auf 37:22 absetzen, ab hier hätte man meinen können, das Spiel geht klar, zumal Möhringen sich selbst nicht gerade Gefallen tat, als der Guard sich mit einem technischen Foul wegen Meckerns das dritte Foul zuzog. Der ASV aber, der hatte andere Pläne. In der 25 Minute ließ man dem eben genannten Guard (übrigens ein Schauspieler vor dem Herrn – wurde allerdings von den Schiedsrichtern meist durchschaut) einen recht freien Dreier zu – der dann leider auch noch fiel. Das war der Startschuss für die Möhringer, die nun eine Rallye hinlegten. Aichwald in Schwächephase, und das Flutschfingersyndrom… naja, kann man sich denken. Dann eine wirklich spannende Szene: Knut Ettling stemmt sich gegen die Möhringer Angriffswellen, und kämpft um jeden Rebound. In der 29 Minute erwischt er auch den Ball, allerdings fliegt der unglücklich dem Guard der Möhringer ins Gesicht. Dieser zuckt zurück (mit Ball im Gesicht verständlich) und ergänzt das Ganze mit einer unschönen Schauspieleinlage. Und dieses eine Mal fallen die bis dahin fast fehlerfreien Schiris darauf rein. Kein Vorwurf an der Stelle an die Schiedsrichter, denn wenn man die Armbewegung von Käpt’n Knut und das zucken des Kopfes des Möhringers gesehen hat, dann musste man schon absolut perfekt stehen, um den Unterschied zu sehen. Und dieses eine Mal taten sie es leider nicht. Das sollte aber (bis auf einen Moment kurz vor Schluss) die einzige echte Fehlentscheidung sein. Allerdings hat sich Knut dann mächtig aufgeregt, vielleicht über den Pfiff, vielleicht über sich selbst, vielleicht über die Schauspielerei des Möhringer Guards, man weiß es nicht. Allerdings ist ein lautes „leck mich am Arsch“, das man sich selbst (und da bin ich mir sicher) zuruft, nur bedingt glücklich, wenn man das neben dem Schiri macht. Dem blieb eigentlich keine andere Wahl, als ein „T“ in die Luft zu formen. Das wiederum förderte die Stimmung rein gar nicht, so dass der Käpt’n zur Beruhigung auf die Bank musste und danach minutenlang zwecks Entspannung in der Umkleide Stahlträger verbog. Ich kann es ja verstehen, da kriegt man als Center ewig auf die Finger, und so ein Guard muss nur kurz zucken und der große böse Center kriegt das Foul. Aber so ist nun mal die herrschende Regelauslegung (wobei ich noch nie in einem Regelwerk Hinweise auf Größe oder Gewicht gelesen habe), und damit muss man leben. Der einzige echte Fehler von Knut war, dass er seinem Ärger laut Luft gelassen hat. Möhringen spielte der ganze Aufruhr aber voll in die Karten. Man nutzte das Viertelende dann noch, um nochmal zu verkürzen, und es ging mit 40:36 in das Schlussviertel. Allerdings: Möhringens Guard holte sich in der 30. Minute noch sein viertes Foul, und sollte damit ein ganzes Viertel lang gehemmt sein.  

Dementsprechend auch die Strategie für das letzte Viertel: Angriffe über die Center zu fahren und die Zone penetrieren. Druck in der Defense, da der Möhringer Guard dank seiner vier Fouls nicht auflaufen konnte. Die Schiris zogen allerdings Ihre Empfindlichkeit ein wenig an, und pfiffen beidseitig ein wenig strenger. Von der Aichwalder Bank die klare Ansage: nicht meckern, drauf einstellen! Bisher war das „Lesen“ der Linie der Schiris ja nicht immer eine Stärke des ASV. Aber hier war es ein Volltreffer: Arif Arifi als Kangoos-Guard wird vom wieder ins Spiel eingestiegenen Guard des SVM auf Höhe der Aichwalder Glocke bedrängt und zieht gekonnt an ihm vorbei. Und dieser fängt sich, in einer total unnötigen Position, beim nachschlagen nach dem Ball Foul Nummer 5 in Minute 34. Damit konnte Aichwald, gerade ohnehin in einer Druckphase, relativ entspannt aufspielen, denn die Hilfs-Guards des SVM konnten den etatmäßigen Spieler nicht 1:1 ersetzen. 

Und das Ergebnis: in Minute 36 eine 51:41 Führung, die bis zum Ende auf 59:48 verwaltet wurde. Hätte man sich nicht noch einen glücklichen Dreier vom Center der Möhringer gefangen, das Spiel wäre noch deutlicher ausgegangen. Für den Fall, dass das kein Glück war, darf man den Hut vor dem Möhringer Center ziehen, ein solches Stück auspacken zu können. Sei es drum, das Spiel war gelaufen, auch die „Stop the Clock“ Versuche des SVM brachten die Möhringer nicht mehr ran. Ausgleichende Gerechtigkeit des Spiels: Brian Nisalke, der unter den Kangoos noch am heftigsten unter dem Flutschfingersyndrom litt, durfte sich 20 Sekunden nach seiner Einwechslung in Minute 38 über eine 100 % Freiwurfquote freuen. Manchmal braucht man halt nur „Cool Hands“.  

Abschließend noch eine kleine Posse: Möhringen im verzweifelten Kampf um den Anschluss führt einen Schnellangriff vor. Aichwald aber ist sortiert, und so hat „Schleudergang“ Arif Arifi (der mit seiner Defense mal wieder bestechend gut in Form war) auch eine blitzsaubere Verteidigungsposition, in die der Power Forward der Möhringer sträflich hineinrennt. Die Schiris erkennen dies richtig, geben ein Offensiv-Foul. Das wäre das fünfte für den Möhringer, das Spiel hätte also nur noch zu viert weiter gehen dürfen. Allerdings kurze Verwirrung am Anschreibetisch, darauf die Nachfrage nach der Rückennummer des Foulenden, dann kurz ratlose Blicke der Schiris, und ein (anderer) Möhringer hebt die Hand. Diesem wird auch das Foul zugesprochen, es bleibt bei einem 5 gegen 5. Sei es drum, das hat das Spiel nicht mehr verändert. 

Insgesamt auch wieder eine gute Vorstellung der Schiris. Fehler gab es nur zwei, wobei der erste allerhöchstens mit einem Videobeweis zu verhindern gewesen wäre, und der zweite – naja – vielleicht auch dem Fair Play geschuldet war. Aber, und das ist die wesentliche Sache: in keinem Fall hatten die Schiris tatsächlich verändernden Einfluss auf das Spiel. Das ist nahezu das beste Zeugnis, das man ausstellen kann.  

Player des Tages: naja. Das lassen wir heute mal, denn auch wenn Markus Freitag und Niko Haug mit jeweils um 20 Punkten ganz klar die stärksten waren, das war dieses Mal eine Teamleistung, die man sich erarbeitet hat. Insofern kann man davon sprechen, dass an diesem Sonntag die Defense das Spiel gewonnen hat. Und hier kann man höchstens Arif Arifi in einem wirklich sehr starken Gesamt-Team herausstellen. Bis zu seinem freiwilligen Bankdrücker-Dasein ist auch der starke Einsatz von Knut zu erwähnen, der im Kampf unter den Körben sich heftig einsetzen und aufreiben musste. Für die Möhringer einen Dank für das wirklich faire Spiel (von Schauspieleinlagen mal abgesehen, aber klappern gehört zum Handwerk), und Respekt dafür, bei der Ausgangslage und den Zwischenständen immer weiter gekämpft zu haben. Gegenseitiger Respekt war immer vorhanden, und man darf sich darauf freuen, dieses nette Team wieder zu empfangen.  

Vielen Dank auch an die wirklich kompetenten Schiris, die sich (dieses Mal) um ein Spiel kümmerten, das nur Defense-Fanatikern Gaumenfreude bereitete. Danke!  

Beim nächsten Mal dann hoffentlich wieder in besserer Besetzung, dann muss man auch nicht so lange und so dolle zittern. Ach ja: im Sommer gibts Flutschfinger (das Eis) gratis. Erinnert mich daran. :-)“

Andreas Bühner